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Christel Gal

Was hat Beziehung mit Abschied zu tun?


Im Laufe meines Lebens wurde ich immer wieder mit Abschiednehmen konfrontiert. Dabei ging es nicht in erster Linie um den Abschied von Menschen, sondern um den Abschied von Einstellungen und Rollen in den verschiedenen Lebensabschnitten und der Unvereinbarkeit meiner persönlichen Identitätsfindung mit den Rollenerwartungen.

Ich wollte den Ursachen und den Widerständen auf die Spur kommen, dir mir persönlich, aber auch den Frauen insgesamt hinderlich sind, ihre Weiblichkeit als vollwertig zu akzeptieren und ein eigenverantwortliches, lustvolles Leben zu führen.

Durch den feministisch-ganzheitlichen sexualpädagogischen Ansatz von AP Dortmund sind mir Wege dazu eröffnet worden, die ich in meiner Arbeit als Sexualpädagogin vermitteln möchte.



Gliederung






I. Definitionen


I.1  Sexualpädagogik

Seit der Antike je nach den gesellschaftlichen Auffassungen von Sexualität und entsprechenden Normen mehr oder weniger exponierter Teilbereich der Erziehung und, mit Beginn und Fortschreiten der Kritik an der bürgerlichen Gesellschaft und ihrer Moral, der erziehungswissenschaftlichen Reflexion. Anthropologische und sozialwissenschaftliche Erkenntnisse, vor allem auch der Psychoanalyse, stützen die Forderung nach einer unbefangenen Bejahung der Sexualität und der Ermöglichung zugehöriger Lernprozesse mit dem Ziel einer Integration des ausgegrenzten Sexualitätsbereiches in menschliches Leben und personale Struktur. Das Gemeinsame aller modernen pädagogischen Bestrebungen ist eine emanzipatorische gegenüber einer traditionell-repressiven Sexualerziehung... (Dorsch 787, 788)

Der Verein AP Dortmund hat sich insbesondere mit der Erarbeitung einer feministischen Grundlage seines ganzheitlichen sexualpädagogischen Ansatzes befaßt. "...Feminismus... (ist die) ...Werthaftigkeit des weiblichen Lebens. (Diese) ...ist durch die Akzeptanz der eigenen Weiblichkeit begründet." (Gesamtkonzept 3)

Die theoretische Ausgangsbasis des Vereins ist die Erkenntnis, dass die sozialen und politischen Unterschiede in unserer Gesellschaft auch auf der Geschlechtszugehörigkeit beruhen. (Gesamtkonzept 1)

Der Verein geht davon aus, dass Frauen bis heute Schwierigkeiten haben, sich aus sich selbst heraus zu definieren und bietet deshalb Hilfe bei der Identitätsbildung. ...Die Sexualpädagogik ist aus der Sichtweise des Vereins das dafür geeignete Mittel. (Gesamtkonzept 3)




I.2  Beziehung

"Beziehung, soziale, von E.Dupreel, L.v.Wiese und A.Vierkandt eingeführter elementarer Grundbegriff der Soziologie zur Bezeichnung der wechselseitigen Einwirkungen und Verhaltensformen (einschl. dahinter stehenden Motivationen, Sinngebungen, Zwecksetzungen) zwischen Personen, Organisationen, Institutionen in einer Gesellschaft oder zwischen Gesellschaften.
...Dabei wurden zwischenmenschliches Geschehen als Geflecht von Beziehungen der Trennung (Entgegensetzung) und der Vereinigung von Individuen verstanden..." (Hillmann 99, 100)

Neben den sozialen Beziehungen und der Liebesbeziehung gibt es die therapeutische/beratende Beziehung.

Liebesbeziehungen

In Beziehungen zwischen Partnern kommen die in der Kindheit gemachten und verdrängten Erfahrungen und Konflikte zum Tragen. Das Gefühl des Getrenntseins führt zu dem Wunsch der Symbiose mit dem Partner, aber auch die aggressiven Anteile werden wieder lebendig und führen zu Abwehrmechanismen und gegenseitigen Projektionen. (Kernberg 76,77)
Liebesbeziehungen sind ambivalent, d.h. verbindende und trennende Anteile sind vorhanden.
Die Integration der Aggression in die Sexualität, das Akzeptieren von Schmerz über den Verlust von Illusionen über sich selbst und den anderen führt zu einer reifen Liebesbeziehung. (Kernberg 147ff)
Fromm (11ff) stellt fest, dass das "Lieben eine Kunst" ist. Er sieht Liebe als Aktivität, die man in sich selbst entwickelt (33).

"Liebe ist nur möglich, wenn sich zwei Menschen aus der Mitte ihrer Existenz heraus miteinander verbinden, wenn also jeder sich selbst aus der Mitte seiner Existenz heraus erlebt." (Fromm 115)
Das setzt voraus, dass jeder zu seiner 'Mitte' finden muß, zu seiner eigenen Identität.

Therapeutische/Beratende Beziehung

Die therapeutisch/beratende Beziehung, wie sie beim AP Dortmund praktiziert wird, beruht auf dem Widerstandskonzept aus psychoanalytischer Sichtweise nach Paula Heimann (1950).
In einem geschützten Raum wird Frauen in gruppendynamischen Prozessen die Möglichkeit der Reinszenierung der Herkunftsfamilie oder der beruflichen Situation gegeben. Die Gruppenleitung bietet sich als Projektionsfläche für Übertragungen an, analysiert diese und stellt das Wissen zur Verfügung.
Die therapeutisch/beratende Beziehung findet auf der Grundlage von Empathie und Rollenklarheit statt. (Gesamtkonzept 5ff)




I.3   Abschied

Abschied, sich verabschieden von .... Menschen, Lebensabschnitten, Vorstellungen und Sichtweisen, traditionellen Normen und Werten, klischeehaftem Denken und Stereotypen, Rollenbildern, ist angstbesetzt und verunsichernd.
Der Prozeß des Veränderns und der damit verbundene Abschied von Gewohntem bringt die bisherige Stabilität ins Wanken. Einerseits wird eine bewußte Veränderung angestrebt, um aus alten einschränkenden Verhaltensweisen und Gegebenheiten herauszukommen, andererseits entstehen aus der Angst und Unsicherheit davor unbewußte Widerstände, die den alten Zustand stabilisieren.

Abschied 'geschieht' nicht, sondern ist ein aktiver Vorgang, der innere und äußere Konsequenzen und bewußte Entscheidungen erfordert.
Bei der sexualpädagogischen Arbeit können diese Widerstände konfrontiert und neue Wege des Abschiednehmens gelernt werden. (Gesamtkonzept 5)




II.  Geschlechterstereotype

Alfermann (7, 8, 9) beschreibt, dass als Ergebnis der Forschungen zu psychologischen Geschlechterunterschieden in Hinsicht auf die psychologischen Merkmale bei weiblichen und männlichen Personen nur geringe oder gar keine konsistenten Geschlechterunterschiede nachgewiesen werden.
Auf der anderen Seite gibt es aber Stereotype über die Eigenschaften und Verhaltensweisen von Frau und Mann.

In der sozialen Wahrnehmung, in der sozialen Interaktion und in der gesellschaftlichen Wirklichkeit bildet das Geschlecht eine so auffallende Variable, dass der Eindruck entstehen muß, dass das Geschlecht doch erheblich bedeutsamer für die individuelle Lebensentwicklung ist, als es aufgrund der vorliegenden Ergebnisse zur Psychologie der Geschlechterunterschiede erscheinen mag. ...Geschlecht als individuelles Merkmal einerseits und als soziale Kategorie andererseits. (Alfermann 9)

Die Ergebnisse der Stereotypenforschung zeigen folgendes Bild:

Die Frau wird als emotional, freundlich, sanft, hilfsbereit, anpassungsfähig, passiv, schwach bezeichnet. (Alfermann 15-19)
Dem Mann werden z.B. Aktivität, Aggression, Stärke, Durchsetzungsfähigkeit, Führungseigenschaften und Leistungsstreben zugeordnet. (Alfermann 15-19)




II.1  Ursachen der Stereotype

"In allen bekannten Nationen und Kulturen sind die Männer die dominante Gruppe." (Alfermann 20)

Es besteht die Annahme, dass die geschlechtstypische Arbeitsteilung auf biologische Ursachen zurückgeführt werden kann (Vorgeschichte der Jägerkultur). Frauen waren physisch und räumlich wegen der Aufzucht der Kinder, der Nahrungszubereitung und der Sorge für die Familie beschäftigt. Männer beschafften die Nahrung und waren deshalb oftmals längere Zeit abwesend. (Alfermann 20, 21)
Diese von den Soziologen Persons und Bales (1955)... getroffene Unterscheidung familialer Rollen geht davon aus, dass der Mann... für die Außenbeziehungen und für die berufliche Rolle vorgesehen ist und die Frau für die familialen Angelegenheiten und die Innenbeziehungen. Diese an das bürgerliche Familienideal angelehnte Rollenverteilung von Mann und Frau paßt insofern zu den Stereotypen... Die ihr stereotyp zugeschriebenen Eigenschaften sind so funktional... Das bedeutet, die Stereotype "passen" auf genau diese Rollenverteilung. (Alfermann 21) ...Die Stereotype rühren aus den gängigen Geschlechterrollen her und umgekehrt stützten die bestehenden Rollen die Stereotype. (Alfermann 22)

In der heutigen Zeit sind mehr verheiratete Frauen und Mütter berufstätig, aber vor allem in nicht leitender Position mit geringerem Arbeitsentgelt und häufig in Teilzeitjobs, um den familialen und beruflichen Anforderungen gerecht zu werden. (Alfermann 41)

Nach Alfermann (43,45,46) sind Ungleichheit und Machtunterschiede weiterhin in den Familienstrukturen vorhanden, obwohl die weibliche Geschlechterrolle einen realen Wandel erfahren hat. Dieser wird von den Männern aber nicht nachvollzogen. Alfermann (42,53) stellt fest, dass die gleichberechtige Partnerschaft als Modell bei Paaren breite Zustimmung findet, eine partnerschaftliche Arbeitsteilung aber nicht praktiziert wird.

Alfermann (23) geht von der Statusungleichheit der Geschlechter aus. Die männliche Dominanz und die Tendenz der Höherbewertung führt zu einem höheren Status der Männer. Sie stellt fest, dass auch in stereotypen Erwartungen Statusunterschiede sichtbar werden und nennt als Beispiel eine gemischtgeschlechtliche Gruppe, in der 'automatisch' erwartet wird, dass die Führungsrolle von einem Mann ausgefüllt wird.




II.2  Stereotypen und Sozialisation

Stereotypen werden in einem Lernprozeß erworben: eigene Beobachtungen, Informationen über 'typische' Eigenschaften der Geschlechter und die von Bezugspersonen (Eltern, Lehrer, Gleichaltrigen) und auch den Medien gelieferten Regeln der Zuordnung von Eigenschaften und Verhaltensweisen zur weiblichen und männlichen Geschlechterkategorie führen zu Stereotypen und das Lernen von Geschlechtsrollenerwartungen. (Alfermann 24ff)

Es ist festzustellen, dass Stereotype, die auch klischeehaftes Denken und Vorurteile beinhalten, tradiert werden durch die Geschlechtsrollenerwartungen in einer Gesellschaft.




II.3  Geschlechtsidentität und Geschlechtsrollenidentität

Alfermann (57,58) beschreibt, dass die Geschlechtsidentität im allgemeinen mit dem bei der Geburt festgestellten biologischen Geschlecht zusammenfällt. Kinder haben spätestens mit fünf bis sechs Jahren eine zuverlässige Geschlechtsidentität aufgebaut und können sich selbst und andere als weiblich/männlich erkennen. Weiter wird ausgeführt, dass Kinder neben ihrer biologischen Geschlechtsidentität eine psychologisch und sozial determinierte Geschlechtsrollenidentität durch Übernahme der Geschlechtsrollenerwartungen erwerben.

Für die Entwicklung des Mädchens/der Frau bedeutet dieses, dass sie aufgrund ihrer Geschlechtsidentität ihre gesellschaftliche 'Zweitklassigkeit' erkennen.     (Gesamtkonzept 3)  Darin wird ebenfalls beschrieben, dass Mädchen/Frauen ein positives Vorbild zur Entdeckung der eigenen Sexualität fehlt und diese gesellschaftlich negiert wird bzw. die Frauen öffentlich entweder in der Rolle der 'Prostituierten' oder des 'Opfers' dargestellt werden. Da der positive Zugang zur eigenen Sexualität schwierig oder unmöglich ist, wird diese abgespalten und verdrängt. Auch findet eine Teilung in 'Heilige', 'Hure', 'Mutter' gesamtgesellschaftlich statt, die  'Frau'  an sich gibt es nicht.

Die typischen der Frau zugeordneten Attribute wie 'sanft, schwach, einfühlsam' und die internalisierte Geschlechtsrollenerwartung verhindern den direkten Zugang zur eigenen Aggression. (Gesamtkonzept 3,4)

Das Erkennen der eigenen Aggression und deren Hinzunahme ins bewußte Erleben ist ein wichtiger Schritt, verantwortlich mit Gewalt umzugehen. ...so ist das situationsadäquate Setzen von Grenzen eine Selbstverständlichkeit... ein wesentlicher Bestandteil der eigenen Identität... (Gesamtkonzept 4)




II.4  Das Androgyniekonzept

Alfermann (59) stellt in diesem Zusammenhang das folgende Androgyniekonzept vor.
Das Androgyniekonzept basiert... darauf, dass die psychologische Geschlechtsrollenorientierung auf (mindestens) zwei Dimensionen angesiedelt sei, nämlich einer Maskulinitäts- und einer Feminitätsdimension, und dass jedes Individuum, Mann wie Frau, unabhängig vom biologischen Geschlecht auf diesen beiden Dimensionen jeden beliebigen Punkt einnehmen kann. ...Menschen sollen ihre Rollen individuell nach ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten übernehmen und gestalten können, nicht aber aufgrund ihres biologischen Geschlechts.

Das würde bedeuten, dass Frau und Mann sich zwar ihrer biologischen Geschlechtsidentität bewußt sind, beide aber die Möglichkeit haben, ohne gesellschaftliche Sanktionen und Diskriminierungen aufgrund 'untypischen Verhaltens' ihre individuelle, berufliche und gesellschaftliche Lebensgestaltung umzusetzen. Macht- und Statusdenken sowie Zweitklassigkeit und die 'Opferrolle' würden von Eigenverantwortlichkeit sowie Fach- und Sozialkompetenzen abgelöst.

Diese Kombination in einer Person wird als erstrebenswertes (Zwischen) Ziel der Sozialisation von Menschen in unserer Gesellschaft angesehen, dem langfristig die Überschreitung von Geschlechtsrollengrenzen folgen soll. (Alfermann 60)

Auf diesem Hintergrund wäre als Zukunftsvision dann auch folgerichtig die Einordnung in Hetero-, Homo- oder Bisexualität überflüssig, da jedes Individuum eigenverantwortlich und wertfrei seine 'Lebens-Lust' für sich definieren und gestalten könnte.




III. Beziehungs-weise ...... Abschied

Die erste Beziehung eines Mädchens ist die Beziehung zu ihrer Mutter. Diese Beziehung ist geprägt von dem Gefühl der Symbiose, erotischen und sexuellen Gefühlen, der Geschlechtsidentität und der beginnenden Geschlechtsrollenidentität des Mädchens. Außerdem vom Selbstbild der Mutter von sich als Mutter/Frau und ihrem Frau-Sein, ihrer Stellung in der Gesellschaft, den mit Beginn der Adoleszenz durch das Mädchen verstärkt geäußerten Autonomiebestrebungen und der Ablösung, also des Abschieds.

Die Rolle der verheirateten Frau, die dann sozusagen 'automatisch' auch Mutter wird, ist anerkannt und hat einen gesellschaftlichen Stellenwert. Mütter sind Frauen, d.h. die Tochter erlebt die Mutter in der Familie als machtvoll und die Frau gesellschaftlich gesehen als 'zweitklassig'. Mütter/Frauen sind also ein Widerspruch in sich.

Kinder müssen sich auf drei Ebenen von der Mutter als Liebesobjekt trennen. Dieser Entwicklungsprozeß setzt mit dem Moment der Geburt ein und dauert ein ganzes Leben lang: Trennung von der realen Mutter, Trennung von ihrer Repräsentation und Trennung von der Mutter als Symbol... Töchter müssen akzeptieren lernen, dass Mutters Spiegelbild das einer Frau ist; um selbst Frau zu werden, muß sich die Tochter von der perfekten, phantasierten Beziehung mit ihrer Mutter trennen. ...Um zu einem Gefühl eigener Subjekthaftigkeit und weiblicher Identität zu gelangen, müssen sie die Subjekthaftigkeit der Person anerkennen, die sie geboren hat. (van Mens-Verhulst u.a. 53, 54, 223, 224)

Die Rolle des Vaters habe ich nicht beschrieben. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die Ausführungen von van Mens-Verhulst u.a. (7, 8, 13), die der Auffassung widerspricht, dass die Sexualität des Mädchens in der ödipalen Phase erwacht, und sie den Vater als erstes Liebesobjekt wählt. Ihrer Meinung nach ist es die Mutter, die die ersten erotischen und sexuellen Empfindungen der Tochter auf sich zieht.

Abschiednehmen ist gerade für Frauen mit Angst vor Veränderungen, Rollenverlust und der Unsicherheit über die sozialen Konsequenzen verbunden. Abschied passiert nicht plötzlich oder in einem festgesetzten zeitlichen Rahmen. Er kann ein lebenslanger Entwicklungsprozeß sein auf dem Weg zur Identitätsfindung.

Frauen sind aufgrund ihrer Sozialisation in einer patriachialen Gsellschaft und der damit verbundenen Rollenerwartung nicht gewohnt, 'in der ersten Reihe zu stehen'. Sie haben Schwierigkeiten, Verantwortung zu übernehmen und selbstbewußt die weiblichen und männlichen Anteile ihrer Persönlichkeit zu integrieren und zu leben.

Die stereotyp als schwach, sanft, passiv bezeichnete Frau muß sich erst ihre Aggression bewußt machen und den Umgang damit üben, um auch die eigene Sexualität akzeptieren zu können. (Gesamtkonzept 3)

Das bedeutet für Frauen, Abschied zu nehmen von ihrer passiven Opferrolle, ihrer 'Unschuld', d.h. Nichtverantwortlichkeit. Abschied zu nehmen von der Rollenzuweisung, entweder nur 'Heilige' oder 'Hure' oder 'Mutter' sein zu können.

Dieser Abschied hat Auswirkungen z.B. auf die Gestaltung einer Liebesbeziehung. Nicht die Partnerin/der Partner alleine ist verantwortlich für Wohlbefinden, L(i)ebe(n)slust, Arbeitsteilung, Beziehungs- und Familiengestaltung, wirtschaftliche Grundlage, sondern jede Frau trägt die Verantwortung dafür partnerschaftlich mit ihr/ihm zusammen.

Ich komme zurück auf den Anfang dieses Kapitels, in dem ich die erste Liebesbeziehung zwischen Tochter und Mutter beschrieben habe.

Frauen, die aktiv ihrer weiblichen Identität auf die Spur kommen wollen, die um die Notwendigkeit des Abschieds und den damit verbundenen Wachstumsschmerzen wissen, können als Mütter oder als 'symbolische Mütter' (van Mens-Verhulst u.a. 11) Vorbild werden für andere Frauen.

Sich selbstbewußt und eigenverantwortlich zur eigenen Weiblichkeit bekennen zu wollen, kann ein lebenslanges Bemühen sein und bedeutet immer wieder: Abschiednehmen.

Der ganzheitliche sexualpädagogische Ansatz des Vereins AP Dortmund bietet Frauen die Chance, sich dieser Zusammenhänge unter professioneller Leitung  und in Gruppenprozessen bewußt zu werden.
Eine Frau, die ihre eigene Sexualität unabhängig vom Wertesystem des Mannes/Patriachats definieren kann, ist eher in der Lage, ihre Söhne und Töchter zu eigenständigen, verantwortungsvollen Menschen zu erziehen. (Gesamtkonzept 5)

Als Schlußfolgerung bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass mit Hilfe der zuvor beschriebenen sexualpädagogischen Einsichten und Möglichkeiten nur von der 'Basis', d.h. von jeder einzelnen Frau aus, die in der Lage ist, ihre weibliche Identität zu leben, auch langfristig gesellschaftliche Veränderungen stattfinden können.



Essen, 08.08.2001






Literaturverzeichnis

Alfermann, Dorothee, Geschlechterrollen und Geschlechtstypisches Verhalten
Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, 1996

Dorsch, Psychologisches Wörterbuch
Verlag Hans Huber, Bern, 1998

Fromm, Erich, Die Kunst des Liebens,
Ullstein-Verlag, Frankfurt, 1980

Hillmann, Karl-Heinz, Wörterbuch der Soziologie
Alfred Kröner Verlag, Stuttgart, 1994

Kernberg, Otto F., Liebesbeziehungen
J.G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart, 1999

van Mens-Verhulst, Janneke, Töchter und Mütter,
Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 1996

Schellenbaum, Peter, Das Nein in der Liebe,
Deutscher Taschenbuch-Verlag, München, 2000

Schellenbaum, Peter, Aggression zwischen Liebenden
Deutscher Taschenbuch-Verlag, München, 1999

AP Dortmund e.V., Gesamtkonzept
www.ap-dortmund.de, 27.06.2001

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